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Eine Compassion-Geschichte

Geboren, um zu sterben?
Eine bewegende Lebensgeschichte, die noch lange nicht zu Ende ist.

Beim Treffen der ehrenamtlichen Helfer von Compassion Deutschland durfte ich Lillian Mugisha kennenlernen. Sie hat uns bei diesem Treffen ihre Geschichte erzählt:

Lillian wurde in Uganda geboren. Ihr Vater war bei der Armee. Er wurde entführt und umgebracht, bevor sie ihn überhaupt kennenlernen konnte. Ihre Mutter starb, als sie drei Monate alt war. Der Großvater gab sie in ihre Stieffamilie, denn der Vater hatte mehrere Frauen. Der Großvater ging davon aus, dass sie sowieso nicht lange leben würde. Und sie sollte in den Armen einer Frau sterben.
Geboren, um zu sterben?
Aber Lillian wollte nicht sterben und so wuchs sie in großer Armut in ihrer Stieffamilie auf. Hier war sie nur gelitten, nicht geliebt. Obwohl sie alles tat, um sich Liebe zu verdienen, wurde das nicht gesehen.

Einer ihrer älteren Stiefbrüder brachte sie schließlich zu einer Kirchgemeinde, die mit dem Kinderhilfswerk Compassion zusammenarbeitete. Und das erste Mal in ihrem Leben hatte sie Glück. Sie wurde in das Patenschaftsprogramm von Compassion aufgenommen. Bald fanden sich Paten für sie in Australien. Diese Paten zahlten einen Beitrag zu den Kosten des Compassion-Kinderzentrums, das Lillian besuchte. Und sie schrieben ihr regelmäßig Briefe. Diese waren für sie ein kostbarer Schatz, wurde doch darin von ihrem Wert und der Liebe zu ihr berichtet. Das größte Glück in diesen Zeiten war das reichliche Essen einmal in der Woche im Compassion-Kinderzentrum. Obwohl es ein christliches Hilfswerk war, konnte Lillian Gott nicht viel abgewinnen. Der Gott der Gerechtigkeit, der Gott der Liebe, von dem erzählt wurde – wo war er für sie?

Dann der nächste Tiefschlag, als sie 16 Jahre alt war: Die Stieffamilie setzte sie vor die Tür. „Du kannst dich ja verheiraten oder stirb einfach, wir wollen dich hier nicht mehr!“, so die Aussage dazu. Geboren, um zu sterben?

 Und Lillian wählte das Sterben. Sie besorgte sich Gift und zog mit ihren wenigen Habseligkeiten in den Busch. Wenn schon sterben, dann wollte sie es mit einem guten Gedanken tun, einem Gedanken, der ihr ein Lächeln aufs Gesicht zaubern würde. Und so begann sie, das Gift in Reichweite, die Briefe ihrer Paten zu lesen. Und je mehr sie las, desto weiter rückte das Gift aus ihrem Fokus. Wie konnte sie ihrem Leben ein Ende setzen, wenn es am anderen Ende der Welt Menschen gab, die sie liebten? Die ihr in jedem der Briefe sagten: Du bist wertvoll.

Und so ging sie zurück zu der Kirche. Dort wurde sie zunächst vom Pastor aufgenommen. Später fand sich dann eine AIDS-kranke Frau, die sie zu sich ins Haus holte. Lillian ging wieder zur Schule. Vergessen war das Gift. Und auch mit Gott hat sie sich versöhnt, denn ihr war klar geworden: Der einzige Mensch, den es auf dieser Welt gab, für den wirklich nach einem großen Erlösungsplan gegolten hat „Geboren, um zu sterben“, war der Mann am Kreuz: war Jesus Christus. Und Jesus war diesen Weg auch für sie gegangen, damit sie leben konnte.

Nach der Schule ging sie ins Studium, machte Jahre später ihren Master. Heute ist sie eine in Uganda bekannte Person. Für die Kinder in Hilfswerken ein Vorbild. Und sie geht mit ihrer Geschichte als Botschafterin hinaus in die Welt.

Mir ist wieder klar geworden, welches Privileg ich habe, in Deutschland geboren worden zu sein. Welches Privileg ich habe, weil es hier keine wirkliche Armut gibt, denn das soziale Netz fängt einen auf. Aber für Uganda gilt: Die Geschichte von Lillian ist keine Geschichte aus grauen Vorzeiten. Nein, diese Geschichte wiederholt sich auch heute noch tausendfach. Aber ich kann aus meiner Komfortzone heraus etwas tun, um einem Kind Hoffnung zum Leben zu schenken.

Da fällt mir wieder einer meiner Lieblingssprüche ein: „Viele kleine Leute, die an vielen kleinen Orten viele kleine Schritte tun, können das Gesicht der Welt verändern.“ Ich möchte dazu gehören, zu diesen Weltveränderern.

Gabriele Quast